'Mich' in der Bibel
Da sprach Jahwe zum Satan: hast du wohl acht gehabt auf meinen Knecht Hiob? Denn seinesgleichen giebt es niemand auf Erden, so unsträflich und rechtschaffen, gottesfürchtig und dem Bösen feind. Noch hält er fest an seiner Frömmigkeit, und du hast mich somit verleitet, ihn ohne Grund zu verderben!
Warum empfingen mich Kniee, und wozu Brüste, daß ich sog?
Denn graute mir vor etwas, so traf es mich, und wovor ich schauderte, das ward mir zu Teil.
Ein Beben überkam mich und ein Zittern, alle meine Gebeine gerieten in Beben.
Ich aber würde mich an den Allmächtigen wenden und meine Sache Gott vorlegen,
Denn des Allmächtigen Pfeile stecken in mir: mein Geist saugt ihr Gift ein, die Schrecknisse Gottes verstören mich!
Mich widert's an, es anzurühren; es ekelt mich vor der Unreinigkeit meiner Speise.
Gefiele es Gott, mich zu zermalmen, seine Hand zu entfesseln und meinen Lebensfaden abzuschneiden!
Was ist denn meine Kraft, daß ich noch harren, und was mein Ende, daß ich mich gedulden sollte?
So seid ihr nun für mich geworden: ihr schautet Schrecknis, - da scheutet ihr euch!
Habe ich etwa gesagt: "Schafft mir her und von eurer Habe spendet für mich;
errettet mich aus der Gewalt des Bedrängers und aus der Gewalt der Tyrannen kauft mich los"?
Belehrt mich, so will ich schweigen, und worin ich geirrt habe, thut mir kund.
Und nun - wollet doch mich anblicken, ich werde euch doch wahrlich nicht ins Angesicht lügen!
Wenn ich mich niederlege, spreche ich: "Wann werd' ich aufstehn?" Es dehnt sich der Abend, und übersatt werde ich des Umherwerfens bis zum Morgengrauen.
Das Auge, das mich sieht, wird mich nicht mehr schauen; deine Augen suchen mich, ich aber bin dahin.
Bin ich ein Meer oder ein Ungeheuer, daß du eine Wache gegen mich aufstellen mußt?
Wenn ich denke: mein Lager soll mich trösten, mein Bette meinen Jammer tragen helfen,
so schreckst du mich durch Träume und mit Gesichten ängstigst du mich,
Habe ich gesündigt - was kann ich dir anthun, du Menschenhüter? Warum machst du mich zum Angriffspunkt für dich, daß ich mir selbst zur Last bin?
Und warum vergiebst du meine Sünde nicht und verzeihst meine Schuld? Denn schon lege ich mich in den Staub, und suchst du mich, so bin ich nicht mehr.
Wenn ich ihn riefe und er gäbe mir Antwort, so würde ich's doch nicht glauben, daß er mich anhören werde.
Vielmehr, im Sturmwind würde er mich anschnauben und meine Wunden ohne Ursach' mehren,
würde mich nimmer aufatmen lassen, sondern mich sättigen mit bitterem Weh.
Gilt's Kraft des Starken, so ist er da, aber gilt's den Rechtsweg - "wer darf mich vorfordern?"
Wär' ich im Recht - mein Mund würde mich verdammen, wäre ich unschuldig - er würde mich zum Betrüger machen!
Unschuldig bin ich - was kümmert mich mein Leben! ich verachte mein Dasein!
so schaudre ich vor allen meinen Schmerzen: ich weiß, daß du mich nicht lossprechen wirst.
Ich, ich soll schuldig sein, wozu mich da noch vergeblich abmühen?
Wenn ich mich auch mit Schnee wüsche und meine Hände mit Lauge reinigte,
so würdest du mich in den Pfuhl eintauchen, daß meine Kleider vor mir Abscheu hätten.
Er nehme seinen Stock von mir hinweg und lasse seinen Schrecken mich nicht ängstigen,
Mich widert mein Leben an; so will ich denn meiner Klage ihren Lauf lassen, will reden in meiner Seelenpein.
Ich spreche zu Gott: Verdamme mich nicht! Laß mich erfahren, warum du mich befehdest.
Deine Hände haben mich sorgsam gebildet und bereiteten mich, alles zusammen ringsum - und du wolltest mich verderben?
Gedenke doch, daß du wie Thon mich formtest, und willst mich nun wieder zu Staube machen?
Hast du mich nicht hingegossen wie Milch und wie Käse mich gerinnen lassen?
Mit Haut und Fleisch bekleidetest du mich und mit Knochen und Sehnen durchflochtest du mich.
Wenn ich fehlte, so wolltest du mich bewachen und meine Schuld nicht ungestraft lassen.
Und wollte sich's erheben, wie ein Leu wolltest du mich jagen und immer aufs neue deine Wundermacht an mir erweisen.
Stets neue Zeugen wolltest du wider mich vorführen und deinen Grimm vielfältig gegen mich ausüben - ein Schmerzensheer, sich stets ablösend, gegen mich!
Warum doch zogst du mich hervor aus dem Mutterleibe? Ich hätte verscheiden sollen, ehe mich ein Auge sah!
Nur wenige Tage stehn mir noch bevor - so lasse er doch ab und wende sich von mir, daß ich ein wenig mich erheitre,
Laßt mich in Ruhe, so will ich reden, mag über mich ergehen, was da will.
Er wird mich töten - ich harre seiner; nur will ich meinen Wandel ihm ins Angesicht darlegen.
Nur zweierlei thue mir nicht an, dann will ich mich vor deinem Antlitz nicht verbergen:
Zieh deine Hand von mir zurück und laß deinen Schrecken mich nicht ängstigen;
Wieviel Vergehungen und Sünden habe ich denn? Meinen Frevel und meine Sünde laß mich wissen!
Warum verhüllst du dein Antlitz und erachtest mich für deinen Feind?
daß du mir Bitteres als Urteil schreibst und mich die Sünden meiner Jugend erben lässest?
Und über solchen hältst du deine Augen offen und mich ziehst du vor dein Gericht!
O daß du mich in der Unterwelt verwahrtest, mich bärgest, bis dein Zorn sich gelegt, ein Ziel mir setztest und dann mein gedächtest! -
hast mich gepackt, das muß als Zeugnis gelten! Mein eignes Siechtum tritt wider mich auf, ins Angesicht hinein verklagt es mich.
Sein Grimm zerfleischt und befehdet mich, er fletscht gegen mich seine Zähne; als mein Widersacher wetzt er seine Augen wider mich.
Man reißt gegen mich das Maul auf, schlägt mich schmählich auf die Wangen; insgesamt rotten sie sich gegen mich zusammen.
Gott giebt mich Frevlern preis und in der Gottlosen Hände stürzt er mich.
Ich lebte ruhig, da zerschmetterte er mich, packte mich beim Genick und schüttelte mich und stellte mich als Zielscheibe für sich auf.
Es umschwirren mich seine Pfeile; erbarmungslos spaltet er meine Nieren, gießt auf die Erde meine Galle.
Bresche auf Bresche legt er in mich, stürmt gegen mich an wie ein Kriegsheld.
O setze ein, verbürge dich für mich bei dir! Wer anders sollte mir den Handschlag geben?
Zu einem Sprichwort für alle Welt hat er mich hingestellt, anspeien lassen muß ich mich ins Angesicht,
Wie lange wollt ihr mich kränken und mich mit Reden zermalmen?
Schon zehnmal nun beschimpftet ihr mich und schämt euch nicht, mich zu mißhandeln!
Und habe ich auch wirklich mich vergangen, so bleibt doch mein Fehltritt mir allein bewußt.
Wollt ihr euch wirklich über mich erheben, so bringt mir den Beweis für meine Schande!
Erkennet doch, daß Gott mich gebeugt und mich mit seinem Netz umzingelt hat.
Meiner Ehre hat er mich entkleidet und mir die Krone vom Haupte genommen.
Er wirft mich nieder ringsum, daß ich dahinfahre, und reißt gleich einem Baume meine Hoffnung aus.
Er läßt seinen Zorn wider mich entbrennen und achtet mich seinen Feinden gleich.
Allzumal rücken seine Scharen heran, schütten ihren Weg wider mich auf und lagern sich rings um mein Zelt.
Meine Verwandten bleiben aus, und meine Bekannten haben mich vergessen.
Die Genossen meines Hauses und meine Mägde achten mich für einen Fremden, zum Ausländer ward ich in ihren Augen.
Selbst die Kleinen verachten mich; will ich aufstehn, verspotten sie mich.
Alle meine Vertrauten verabscheuen mich, und die ich liebte, haben sich gegen mich gekehrt.
Erbarmt euch mein, erbarmt euch mein, ihr meine Freunde, denn Gottes Hand hat mich getroffen!
Warum verfolgt ihr mich wie Gott und werdet nicht satt, mich zu zerfleischen?
mich beschimpfende Rüge muß ich hören, und der Geist giebt mir Antwort aus meiner Einsicht.
Ich kenne eure Gedanken wohl und die Anschläge, mit denen ihr Unrecht gegen mich verübt.
Wie mögt ihr mich da so eitel trösten, und eure Antworten - da bleibt nichts als Bosheit!
Würde er in der Fülle der Macht mit mir streiten? Nein, nur achten würde er auf mich!
Da würde ein Redlicher mit ihm rechten, und für immer machte ich mich von meinem Richter frei!
Denn er weiß, welchen Wandel ich geführt - prüfte er mich, wie Gold würde ich hervorgehn.
Ja, Gott hat meinen Mut gebrochen und der Allmächtige hat mich mit Schrecken erfüllt.
Denn nicht des Unglücks wegen fühle ich mich vernichtet, noch wegen meiner Person, die Dunkel bedeckt hat.
Das Auge des Ehebrechers erlauert die Dämmerung; kein Auge, denkt er, wird mich sehen, und eine Hülle legt er vors Gesicht.
Und wenn's nicht so ist - wer will mich Lügen strafen und meine Rede zunichte machen?
O daß ich wäre wie in früheren Monden, wie in den Tagen da mich Gott beschützte;
als der Allmächtige noch mit mir war, rings um mich meine Knaben;
Wenn mich die Knaben sahen, verbargen sie sich, und die Greise erhoben sich und blieben stehn;
Denn wo ein Ohr nur hörte, da pries es mich selig, und wo ein Auge sah, da gab es mir Zeugnis.
Der Segen des Verlorenen kam über mich, und das Herz der Witwe machte ich jubeln.
Gerechtigkeit zog ich an, und sie zog mich an, wie Talar und Turban zog ich an meine Rechtschaffenheit.
So warteten sie auf mich wie auf Regen und wie nach Spätregen sperrten sie den Mund auf.
Und jetzt verlachen mich solche, die jünger sind als ich, deren Väter ich meinen Herdenhunden nicht hätte beigesellen mögen.
Sie verabscheuen mich, rücken fern von mir hinweg und scheuen sich nicht, mir ins Gesicht zu speien.
Denn meine Sehne hat er gelöst und mich gebeugt, so lassen auch sie den Zügel vor mir schießen.
Zur Rechten erhebt sich die Brut; meine Füße stoßen sie hinweg und schütten wider mich ihre Verderbensstraßen auf.
Schrecknisse haben sich gegen mich gewendet; dem Sturmwinde gleich jagen sie meinen Adel dahin, und wie eine Wolke ist mein Glück entschwunden.
Und jetzt zerfließt in mir meine Seele, Tage des Elends halten mich fest.
Durch Allgewalt ist mein Gewand entstellt; wie die Halsöffnung meines Leibrocks umschließt es mich.